Es war ein langer Tag … Die Anreise zum Urlaubsort ist mal weiter und mal kürzer, aber irgendwie immer anstrengend, da all dem ja auch der Packaufwand und die generelle Organisation voraus gehen. Endlich ist man am Hotel, checkt ein, freut sich aufs Zimmer. Man öffnet die Zimmertür und alles sieht stylish und gut aus. Toll! Aber dann … Ein Bad aus Glas! Wie das Hotelzimmer doch noch zum Alptraum werden kann und was Hotelbetreiber bei ihren Visionen vom gläsernen Gast bedenken sollten …
Ich hatte auf dem Jakobsweg zuletzt in einem Hotelzimmer das größte Vergnügen mit einem offenen und gläsernen Bad. So ein Bad hatte ich bislang wirklich noch nie. Hotelzimmer mit drei Betten. Vor dem dritten Bett ist das Bad – mit direktem Blick darauf. Wie sieht es aus? Mittig (im Zimmer, ohne Abtrennung) das Waschbecken. Begeistert mich nicht, bin ich von Motels in den USA aber gewohnt. Ok. Dann rechts daneben eine Glaswand mit einem mittigen Milchglasstreifen – oben und unten normales Glas. Das ist die Dusche. Der Test zeigt: Man kann durch das Milchglas auch Formen und Farben erkennen – zum Beispiel, ob jemand Kleidung trägt. Links vom Waschbecken ist ebenfalls eine solche „Wand“. Dort versteckt sich also die Toilette hinter Glas … Beide Glaswände enden übrigens rund 20 Zentimeter vor der Decke, womit keine abgetrennten Bereiche zum Zimmer entstehen. Aha …
In Zürich im Radisson Blu am Airport hatte ich ein tolles Doppelzimmer: Dreht man auf dem Bett liegend den Kopf nach links hat man dort einen direkten Einblick in die Dusche. Zum Bad hin befindet sich nämlich nur eine normale Glasscheibe mit ein paar nicht durchgängigen Milchglasstreifen im unteren Bereich. Hinter der Dusche ist die Toilette direkt sichtbar. Licht im Bad an? Alles sichtbar … Im Wiesbadener ACHAT Premium Hotel ist es auch toll, was mangelnde Privatsphäre angeht: Hier steht ein Plastik-Milchglas-Aufbau mitten im Zimmer. Mit Schiebetür, die nicht richtig schließt. Die eine Wand zum Zimmer hin stellt die Dusche dar, auf der anderen Seite ist die Toilette und mittig wieder das Waschbecken. Wenn Licht an ist, sieht man eigentlich wieder alles – Premium!
Liebe Hotelbetreiber, Innenarchitekten, Designer oder wer auch immer auf solche absurden Ideen kommt und sie dann auch noch umsetzt: Meine Freundin würde fragen, ob ihr alle den Knall nicht gehört habt. Normalerweise ist das nicht meine Art der Ausdrucksweise, aber ich finde es in diesem Kontext gar nicht mal so unpassend. Also: Habt ihr alle den Knall nicht gehört? Es ist ja die eine Sache, zu denken, dass Hotelreisende das Hotel nur notgedrungen der Herberge vorgezogen haben und eigentlich lieber mit fremden Menschen ihr Bett teilen und Gemeinschaftsbäder nutzen wollen … Aber lebt ihr tatsächlich so fernab von der Welt (oder zumindest der europäischen Standards), dass ihr denkt, man möchte eine Toilette quasi offen neben dem Bett stehen haben? Das hat ein bisschen was von dem Bad der „Dauntless“-Fraktion im Film „Divergent“: Dort gibt es im Raum mit etlichen Betten am Ende auch einfach einzelne Toiletten nebeneinander. Die Waschbecken in der Mitte des Raumes – alles ist offen. Als alle schon entsetzt die Bettensituation beäugen, heißt es: „If you like this, you’re gonna love the bathroom!“ Niemand möchte sich in seinem Hotelzimmer wie in einem Divergent-Trainingslager fühlen!
Also: Bewohnt eure Hotelzimmer doch mal selbst gemeinsam mit einer Person, die ihr nicht sonderlich mögt oder der ihr nicht nahe steht. Das können nämlich Kollegen und Chefs, Nachbarn, Verwandte, Bekannte, Urlaubsreisepartner, Ex-Partner, Kommilitonen, Eltern und viele andere sein. Wenn das Hotelzimmer sich auch mit einer nicht so sehr gemochten oder vertrauten Person gut und mit ausreichend Privatsphäre bewohnen lässt, dann sollte das mit dem langjährigen Partner, der besten Freundin, dem guten Kumpel und vielen weiteren vertrauten Personen kein Problem sein. Ihr könnt die Grenze aber nicht oben ansetzen! Ihr könnt nicht davon ausgehen, dass sich das Ehepaar in eurem Glas-Bad-Zimmer wohlfühlen kann, das seit 20 Jahren zeitgleich das eigene Bad nutzt, und das dann auf Zweckbekanntschaften herunterbrechen. Viele Menschen müssen sich beruflich mit jemandem ein Zimmer teilen und (hoffentlich) niemand will seinen Chef auf der Toilette oder beim Duschen sehen müssen.
Diese Ignoranz macht mich wütend! Bäder aus Glas in Hotelzimmern machen mich wütend! Ein öffentliches Bad im Hotel nutzen zu müssen, weil es sonst nur eine „Open-Air-Toilette“ gibt, macht mich unglaublich wütend! Es mag sein, dass nicht jeder so empfindlich ist wie ich und vor allem Männer ja sowieso daran gewohnt sind, keine Abgrenzungen in (öffentlichen) Bädern zu kennen oder zu nutzen. Für mich ist der Begriff „gläsernes Bad“ ein absolutes Unwort und in Hotels finde ich solche Zustände mindestens ab Doppelzimmern ebenso wie den Trend dahin absolut inakzeptabel.Tobt euch in Einzelzimmern mit so Spielereien aus, aber lasst alle anderen Zimmer in Ruhe. Nehmt Abstand von gläsernen Bädern in Hotelzimmern, die für mehr als eine Person angelegt sind! Bevor sich am Ende niemand mehr bei euch wohlfühlen kann und selbst ich meine ausgeprägte Hotelleidenschaft aufgeben muss …
Danke, danke, danke für diesen Kommentar! Selten hat mir jemand so aus dem Herzen gesprochen. Ich beobachte diesen Trend auch seit längerem mit wachsendem Entsetzen. Mittlerweile ist eine „ordentliche“ Badezimmertür für mich im Hotelzimmer eines der ersten Dinge, auf die ich achte. Damit bin ich in meinem Freundeskreis auch nicht allein. Die Frage, wie das Bad abgetrennt war, gehört beispielsweise bei meiner Nachbarin und mir mittlerweile zum Ritual, wenn eine von uns verreist war. Und ich muss betonen, wir verreisen in der Regel mit unseren Männern. Aber auch nach jahrzehntelanger Ehe denke ich, wollen viele noch einen Rest Privatsphäre aufrechterhalten. Und spätestens wenn die Kloschüssel offen im Raum steht, ist bei den meisten Schluss mit lustig! Ich hoffe, dass möglichst viele auch in Hotels diese Rückmeldung geben, damit der Einbau gläserner Bäder irgendwann genauso ein verschwundener Trend ist wie so vieles andere.
Viele Grüße!
Hallo Birgit,
wie gut ich das auch kenne … Ich habe mir im Sommer mit einem Bekannten ein Zimmer geteilt, in dem die Badtür eine ca. 1 cm vor der Wand angebrachte Schiebetür aus Glas mit einigen Milchglasstreifen war. Die Tür schloss also weder links, noch rechts, noch oben, noch unten. Man hätte sie sich auch gleich sparen können. Hat man im Zimmer in Nähe von Kommode oder Fernseher gestanden, konnte man durch die Glaspartien ins Bad auf den Spiegel sehen – und von dort aus die gegenüberliegende und halb offene (sonst verglaste) Dusche. Was für ein Traum!
In einem anderen Hotel war das Bad so ins Zimmer gebaut, dass es eckig zusammenlaufend zwei Glas-Schiebetüren hatte, die ebenfalls nicht schlossen und abgesehen davon jeweils ein ca. 5 cm großes Loch als Türgriff hatten. Unfassbar!
Ich suche inzwischen auch bei allen Buchungen erst nach Fotos von Gästen, um zu sehen, ob nicht doch ein Glasbad im Zimmer ist. Sehr schade, diese Entwicklung … so entgehen einem sicher viele eigentlich tolle Hotels.
Alles Liebe,
Claire
Liebe Claire
DANKE DANKE DANKE für diesen Beitrag!!! Mein Mann und ich sind seit 30 Jahren überaus glücklich verheiratet und ganz sicher alles andere als Verklemmt. Aber auch wir regen ums über diese grassierende Wahnidee der gläsernen Bäder auf, und wir sind ausgesprochene Reisefreaks. Auch wenn wir ansonsten keine Hemmungen voreinander haben, lehnen wir es ganz einfach ab, einander bei grossen und kleinen Verrichtungen zuzusehen. Magie liegt immer auch in der Respektierung der Grenze des (Körper)funktionalen.
Christine
Super, genau so sehe ich das auch und frage mich, wer eigentlich und aus welchen Gründen auf so eine dämliche Idee gekommen ist, die anscheinend zum Trend geworden ist. Hatte diesen Fall gerade in Amsterdam und eine entsprechende Bewertung abgegeben. Das ist so schade, wenn das Hotel eigentlich super ist, aber die Toilette tatsächlich nicht abgetrennt vom Zimmer! Wenigstens die Toilette!!!!!
(Ich bin übrigens ein Mann, aber ich mag weder selbst im Glashaus auf dem Klo sitzen, noch sehe ich gerne dabei zu!)
Wie überzeugen wir die Hotelbesitzer????
Hallo Volker,
ich verstehe es auch nicht. Als ich den Artikel schrieb, waren solche Zimmer ja noch eine Seltenheit. Inzwischen habe ich das Gefühl, können alle gar nicht schnell genug umbauen, um auch so einen Wahnsinn anzubieten!? Hatte letztens eine Unterhaltung mit einem Architekten, der meinte, es sei ja auch einfach teurer mit Glas … Ich verstehe es wirklich nicht. Mein Spaßfaktor hinsichtlich einfach mal ein Hotel buchen ist jedenfalls massiv gesunken.
Alles Liebe,
Claire
Absolute Frechheit, diese mangelnde Privatsphäre! Teile mir oft mit Kollegen ein Zimmer. Untragbar, gerade für gehobene Hotels!!!
Hallo Frank!
Absolut! Ganz meine Meinung …
Gruß, Claire
Bin gerade auf der Suche nach einem Hotel in Berlin, das noch geschlossene Badezimmer hat. Die Such gestaltet sich schwierig, da auch etliche Hotels inzwischen umbebaut wurden, so dass ältere Fotos von Gästen keine Aussagekraft mehr haben.
Frage ich direkt beim Hotel nach, erhalte ich meistens die Antwort: Offenes Badezimmer.
Stoppt bitte den Wahnsinn, macht Werbung mit geschlossenen Badezimmern, ansonsten kann man (jedenfalls wir) bald nicht mehr verreisen!
P.S. Danke für den Blog!
Hallo Jürgen,
allerdings. Es ist super schwierig geworden und ich hatte letztes und dieses Jahr wieder ein paar krasse Kandidaten dabei … Das Pullman am Zoo hat soweit ich weiß noch normale Bäder. Zumindest letztes Jahr war das noch so. In Berlin bin ich ehrlich gesagt selten im Hotel … vom Mercure am Alex kann ich nur abraten, das hatte aber wenigsten eine normale Badezimmertür. Das Park Inn am Alex hat definitiv Glasbäder – besonders geil, wenn Action-Anbieter House-Running dort veranstalten und man plötzlich beim Duschen beobachtet wird. Motel One sollte immer geschlossene Bäder haben, soweit ich weiß. Und dass man anrufen und fragen muss, ist einfach die Pest.
Ich denke, ich verfasse bald nochmal ein Update zu diesem Text …
Gruß, Claire
Habe Ihren Artikel jetzt erst zufällig gelesen und ich bin so dankbar dafür! Ich dachte schon, ich bin die einzige, die das so abstoßend findet. Selbst nach über 30 Jahren Ehe will ich am Klo weder beobachten, noch beobachtet werden. Weder mit Auge noch mit Ohr :-)
Wir hatten uns schon auf das neu renovierte Zimmer im Hotel gefreut,
welches wir nun seit Jahren buchen.
Die Ueberraschung war gross als wir den offenen Badezimmer Bereich mit
offenem WC, welches lediglich mit einer durchsitchtigen Glasschiebetür vom
übrigen Bereich abgetrennt ist, sahen.
Welche Innenarchitekten kommen auf solche Ideen. Ich bin sicher
zu Hause haben diese ein geschlossenes WC.
Wirklich schade wenn man aus diesem Grund sein LIeblingshotel wechseln muss.:(
Ich hasse Hotels mit offenen Bädern! Endlich mal jemand der es auf den Punkt bringt!
Eine Frechheit!!!! Meine beste Freundin und ich waren auch letztens in Berlin in einem Hotel mit gläsernem Bad. Für ein besseres Raumgefühl, so wurde uns gesagt. Nur weil wir Freundinnen sind, möchte ich ihr nicht beim Toilettengang zusehen oder zuhören. Ab jetzt informiere ich mich per Anruf vor der Hotelbuchung.
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Der augenfälligste architektonische Fauxpas , den ich beobachtet habe, der diese Erosion einer Kultur der Privatsphäre und eine gar nicht mehr nur schleichende Gewöhnung an eine Entblößung des Körpers versinnbildlicht wie vielleicht kaum ein anderes Beispiel, findet sich gar im öffentlichen Raum: eine im Hamburger Ortsteil Rissen am Wittenbergener Strand neuerrichtete öffentliche Toilette nötigt hier ihre – der Natur der Sache gemäß immer mehr oder weniger unfreiwilligen – Nutzerinnen und Nutzer, sich mit einer Tür zu bescheiden, die nicht nur oben nicht abschließt, sondern auch erst beinahe in Kniehöhe beginnt. Füße, Beine und heruntergezogene Bein(-unter-)kleider können so vom vorbeiführenden platz-artigen Weg aus vom neugierigen Strandgast im harmlosesten Falle mit freundlichen Blicken bedacht werden.
Mag auch sein, dass dieses Gebilde mittlerweile schon zum Besseren umgebaut wurde. Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass es beim örtlichen Badepublikum nicht auf deutliche Ablehnung gestoßen ist.
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Hallo Leute, welche Probleme habt ihr mit gläsernen Badezimmertüre, besonders als Ehepaar. Mit der Freundin möchte ich mir auch nicht ein Bad teilen mit Glastür. Aber als Ehepaar, was ist denn so schlimm wenn du auf dem Klo sitzt und er steht daneben, natürlich nur bei den kleinen Geschäften.
Wie kriegt ihr das denn hin, zu poppen???
Kommt mal wieder runter, oder geht ins Kloster oder den Keller. Bin se27 Jahren verheiratet.
Schönen Gruß
Simone
Ich bin gerade erstaunt, welch starke Gegenwehr der offenen Badezimmer-Philosophie entgegenschlägt. Gut, beim WC möchte ich schon eine akustisch-optische Trennung vom Rest der Unterkunft. Aber Dusche, die darf für mich gerne mitten im Zimmer sein und ich bin dankbar, so etwas in manchen Hotels vorzufinden. So sind die Geschmäcker unterschiedlich. Gegen eine Filterfunktion bei entsprechenden Hotel-Buchungs-Portalen habe ich nichts, ich fände das gut, dann könnte ich eeendlich mal nach Hotelzimmern aktiv suchen, wo sich die Dusche hell, lichtdurchflutet, gute belüftet und gerne auch einsehbar präsentiert. Und an alle, die das alles gaaaanz fürchterlich finden: Ich hatte noch kein Hotel, wo ich ‚gezwungen‘ war, meinem Reisepartner während des Duschens ausgiebig auf den Popo zu schauen.
Ich möchte auch in einem Einzelzimmer beim Einschlafen einen anderen Blick haben als sanitäre Anlagen. Und ich möchte es nachts dunkel haben, wenn meine Frau mal Pipi muss. Das sind zwei ganz einfache Gründe weit abseits vom Gedanken den Mitnutzer des Zimmers hüllenlos zu sehen.
Auf mich wirkt sowas, als sei da ein Designer seiner Pubertät nicht entwachsen und würde immer noch feucht davon träumen, das Mädel seines Herzens mal ohne Klamotten zu sehen.
2024 Gläsernes Thema immer noch so was von aktuell!!! Das Sacks in Kaiserslautern war vor Jahren ebenfalls mein Alptraum. Jetzt wieder ein teilverglastes Bad in Mannheim. Arme Gäste, Paare, Freunde, Freundinnen, Bekannte – nirgends mehr Ruhe, nicht nur vor dem Handy.