„Wie, du reist?“ Ja, ich reise. Nachdem mein Leben fünf Monate stillstand, obwohl ich sonst kaum mehr als zwei Wochen an einem Ort bin, habe ich es nicht mehr ausgehalten. Die ganze Zeit erschien mir alles bzgl. Reisen zu kompliziert und so sehr ich keine Nachrichten verfolge, erhält man ja dennoch den Eindruck, unterwegs zu sein, sei ein Ding der Unmöglichkeit und maximal kompliziert. Ich hab’s getan und kann ganz klar sagen: Ist es nicht. Absolut nicht. Alle, die ebenfalls reisen, bestätigen mir das. Ja, man braucht einen Test. Ja, man muss aktuelle Entwicklungen zur Einreise verfolgen. Ende. Meine Reise führte mich zum zweiten Mal auf die Malediven. Wie der Ablauf war, wie sicher oder unsicher alles ist und ich mich fühlte und ob ich wieder während Corona reisen würde, verrate ich dir hier. Infos zu meinen Reisen findest Du hier und wirst via Twitter und Telegram über neue Beiträge informiert. Erfahre mehr über mich in meinen Instagram-Stories und mehr zu meinen Reisen auf Youtube.
Es ist nicht meine erste Reise seit Corona. 2020 machte ich einige Roadtrips in Deutschland und verbrachte den Sommer in Schweden, wo ich hinflog und ebenfalls Roadtrips machte. Die Idee, nun einfach auf eine Insel zu verschwinden, hatte ich schon länger, gebucht habe ich aber spontan. Rund zwei Wochen vor Abflug entschied ich, dass in der kurzen Zeit wohl keine krasse Änderung mehr zu erwarten sei und alles klappen würde. Ich plante fest ein, dass kein Flug storniert und ich nicht an egal was erkranken würde und verzichtete auf die Reiserücktrittsversicherung, die ich sonst auch noch nie im Leben hatte. Wieso ich mich ausgerechnet für die Malediven entschieden habe, kannst du hier noch mal nachlesen.
Für die Einreise auf den Malediven war zum Reisezeitpunkt ein negativer PCR-Test notwendig, der maximal 96 Stunden (also vier Tage) vor dem Abflug gemacht wurde. Ging schnell, war mein erster und überraschenderweise mochte ich die Testung über die Nase sehr, da ich das Gefühl sehr spannend fand – wann rammt einem schon mal jemand was Langes und Hartes ins Hirn? Kennt man ja sonst nicht. 58 Euro kostete der Test, der im Nachhinein via Rechnung bezahlt wird. Kurz nach Öffnung des Testcenters war ich da. Desinfektionsmittel war leer, jeder nutzte denselben Kuli, der Mann, der die Reisepassnummern eintrug, verzichtete auf korrekt sitzende Maske und Handschuhe und der Mann, der testete, fuhr im Ganzkörperschutz mit Maske und Visier auf. Nun ja. Abstand hielt hier natürlich sowieso keiner, wie auch in jedem Supermarkt, jeder Bahn oder einfach auf der Straße.
Das Negativergebnis erhielt ich bereits zwölf Stunden später per Mail. Zur Sicherheit habe ich es ausgedruckt, denn ich konnte nirgendwo herausfinden, ob ein Ausdruck notwendig ist oder alles digital reicht. Innerhalb von 24 Stunden vor Abflug muss man sich „anmelden“ zur Einreise auf die Malediven. Das Formular ist fast fehlerfrei auf Englisch und ich brauchte insgesamt dann doch vier Anläufe, bis alles angenommen wurde. Ich bekam einen QR-Code, den ich abspeicherte und der mir eine Gültigkeitsdauer bis rund vier Stunden vor meiner Landung auf den Malediven anzeigte – obwohl ich das Formular erst rund 20 Stunden ausfüllte. Zur Not vor Ort noch mal ausfüllen, dachte ich.
Silent Airport und Ganzkörperschutz
Beim Check-In des Fluges verstehe ich absolut nichts bzgl. der Sitzplatzbelegung und erwarte zwei volle Flieger, da fast alle Plätze belegt waren. Seltsam, aber gut – meine Schweden-Flüge im Sommer 2020 waren auch komplett belegt. Angekommen am Frankfurter Flughafen ist alles leer und still. Als wäre man nachts an Heiligabend dort. War ich schon mal und habe daher den Vergleich. Es ist so leer, man kann Dinge wahrnehmen. Gespräche. Gegenstände, die bewegt wurden. Verrückt. Meine Tickets muss ich am Schalter abholen, digitale gibt es nicht. Der Check-in amüsiert mich. Nach vorne und hinten Aufkleber, man solle Abstand halten. Nach links und rechts steht man aber Mensch an Mensch, getrennt durch ein Band. Nun ja … Die Frau kontrolliert Pass, PCR-Test und Malediven-QR-Code. Ich gehe mit zwei Tickets wieder weg. Bei einer asiatischen Airline stehen drei Menschen im Ganzkörperschutz mit Handschuhen, Maske und Visier. Hier werden nun ganz neue Maßstäbe gesetzt, denke ich und gehe an ihnen vorbei.
Durch die Sicherheitskontrolle bin ich schnell. Etliche gelangweilte Mitarbeiter stapeln sich, der Mann, der prüft, dass ich auch alles richtig aufs Band lege, zeigt sich erleichtert: „Endlich mal nicht die ganzen Menschenmassen und Ruhe!“ Ich nicke, lächle und positioniere mich im „Nacktscanner“. Nachdem mein Rücken abgetastet wurde, geht’s weiter durch den leeren Duty Free Shop bis hin zum Gate. In der Nähe startet wohl bald ein Flieger nach London – überall toben Kinder mit und ohne Maske herum. Ich halte mal lieber Abstand – nicht nur ob der Lautstärke. Generell ist es hier aufgrund mehrerer Abflüge recht voll und da sehr viele essen und trinken, sieht man auch wenige Masken. Emirates startet immer früh mit dem Boarding und ich wundere mich, dass dann aber doch so wenige Menschen am Gate sind, waren online doch fast alle Plätze belegt. Schließlich gehts los und mir wird schnell klar, was mich im Flieger erwartet.
Leerer Flieger und Schlafen mit Maske
Begrüßt wird man von Mitarbeitern, die über ihrer Uniform einen durchsichtigen „Kittel“ tragen, außerdem Masken, Handschuhe und eine Schutzbrille. Das typische und gezwungene Emirates-Lächeln erkennt man maximal an den Augen. Ich sehe schnell, was ich bereits vermutet hatte: der Flieger ist quasi leer. Vor und hinter einem bleibt immer eine Reihe frei – darum waren diese Plätze als belegt angezeigt. Zudem wird maximal eine Person pro Reihenelement gesetzt. Da das Sitzschema 3-4-3 ist, hat jeder also drei oder vier Plätze für sich allein und sitzt oft auch ganz allein in einer gesamten Reihe, hat also seitlich von sich dann neun freie Plätze. Ich denke, ich muss nicht extra betonen, wie angenehm das alles in Sachen schlafen, aufstehen, sich bewegen und schnell essen können ist.
Selten hat man das Glück, mal in einem derart leeren Flieger zu sitzen. Auch vor den Toiletten gibt es nie Schlangen. Es ist genial – abgesehen vom Schlafen mit Maske. Obwohl ich jung, fit und gesund bin, habe ich bereits im Alltag ernsthafte Schwierigkeiten mit Maske zu atmen. Im Halbschlaf glaube ich zwischendurch zu ersticken. Da ich aber offensichtlich noch lebe, hat ja wohl alles geklappt. Tatsächlich war die lange Zeit mit Maske vorab auch meine einzige größere Sorge. Dank nicht eng anliegender FFP2-Maske gehts aber ganz gut rum. Sobald man raus aus Deutschland ist, reicht übrigens auch ein Funktionstuch oder jede andere Stoffmaske. Zur Begrüßung erhält man von Emirates auch ein Hygiene-Kit, in dem auch noch mal medizinische Masken und andere kleine Geschenke drin sind.
Sehr früh morgens landen wir in Dubai. Ich mag den Flughafen dort und freue mich riesig. Auch hier ist es unfassbar still. Klar, es handelt sich sowieso um einen „silent airport“, an dem es keine Durchsagen gibt, aber dennoch. Obwohl alle Geschäfte geöffnet haben, ist es erstaunlich leise. Ich habe keine Lust auf schlafen und laufe rum. Viele, viele Kilometer. Staune, dass Menschen in Restaurants sitzen und man Kleidung kaufen kann. So wie alles sonst. Obwohl ich Innenstädte und Geschäfte im Alltag stets meide, merkt man einfach doch, dass einem die Option genommen wurde und alles zu hat – seit Monaten. Ich esse bei Panda Express, wo ich seit Jahre nicht mehr war – zuletzt in den USA. Freue mich. Nicht so sehr, keinen Chai Latte bei Costa Coffee zu bekommen, aber hey. Sehr weit in der Ferne entdecke ich schließlich auch den Burj Khalifa und bedauere, nicht mehr in die Stadt zu können. Bald ist Boarding – vorher kontrolliert aber noch ein Mitarbeiter bei allen Wartenden den Pass, den Malediven-QR-Code und den PCR-Test. Zur falschen Uhrzeit des Codes weiß er nichts. Wird schon passen, meint er nur. Ah ja.
Sitznachbarn im leeren Flieger
Wieder das Sitzschema 3-4-3 und die letzten 15 Reihen sind komplett leer. Hier dauert das Boarding aber irgendwie länger und plötzlich sind zwei Mittelreihen voll belegt – alle scheinen sich aber wohl zu kennen. Plötzlich wird es voll und eine Frau, mit der ich vorher kurz sprach, dass jeder sicher eine Reihe für sich haben wird, schüttelt mir traurig den Kopf zu. Neben mir taucht ein Paar auf und redet mit der Flugbegleiterin. Ob das richtig sei. Sie prüft all unsere Tickets. Ja. Die beiden sehen sie irritiert an. Ob sie nach hinten gehen und dort allein sitzen können, statt neben mir. Kompliziert erklärt die Flugbegleiterin, dass sie das Risiko andere zu infizieren erhöhen, wenn sie sich umsetzen. Wir alle starren sie verständnislos an. Das Paar argumentiert, dass sie ja noch gar nicht gesessen haben und es doch insbesondere beim Essen sicherer sei, nicht neben jemandem zu sitzen. Die Frau lässt sich nicht beirren, wiederholt ihre Geschichte und besteht darauf, dass die beiden neben mir Platz nehmen. Am Ende sind weiterhin die letzten Reihen allesamt frei und auf fünf Reihen sind fast komplett etliche Menschen verteilt. Keiner versteht es – vor allem, da alle gerne die Malediven von oben sehen wollten und etliche Fensterplätze frei sind.
Der Flug vergeht schnell und bald landen wir am Velana International Airport auf der Insel Hulhule im Indischen Ozean. Mit zwei Bussen, in denen wir Mensch an Mensch stehen, gehts zum Terminal. Auch in der kleinen Halle angekommen beachtet keiner die lustigen Aufkleber am Boden, die an Abstand erinnern sollen und alle stehen dicht an dicht an, um durch die Immigration zu kommen. Zuvor geht man an einer Wärmekamera vorbei. Mal so, mal so: man zeigt entweder seinen QR-Code vor oder halt nicht. Manchmal wird er gescannt oder eben auch nicht. Mhm. Etliche Menschen stapeln sich, um ihre Koffer abzuholen – Mensch an Mensch. Es geht erneut raus in die Hitze, wo Mensch an Mensch Schilder mit Namen hochgehalten werden. Meinen entdecke ich sofort und ab gehts zum Schalter. Ich sehe, dass außer mir keiner mehr zur Insel gebracht wird. Umgehend gehen wir zum Steg, wo bereits das Boot anlegt. Ohne jegliche Wartezeit starte ich also per Schnellboot unter der China-Maldives Friendship Bridge hindurch in Richtung Paradies.
Malediven-Urlaub mit Maske
Es ist mein zweiter Aufenthalt auf den Malediven und mein erster mit Maske. Ich bin froh über den warmen Wind, der durch das teils geschützte Schnellboot peitscht. Auf der Insel angekommen geht es zur Rezeption, wo ich Formulare ausfüllen muss. Eins davon zu meinem Gesundheitszustand. Ob ich mich zuletzt in einem von Corona betroffenen Land aufgehalten habe? Ich frage den Mitarbeiter: „Was ist denn ein betroffenes Land?“ Er starrt mich an, fragend. Ich sage: „Also ich war in Deutschland …“ Erleichtert und fast lachend winkt er ab: „Nein, nein, das nicht.“ Aha. Ich starre ihn immer noch an: „Also so was wie England sonst?“ Er nickt aufgeregt: „Ja, ja, genau!“ Aha. Ja dann. Ich setze ein Kreuz bei „Nein“ und das landet auch bei allen übrigen Krankheitssymptomen, über die früher nicht mal jemand nachgedacht hätte. Ich gebe alles ab und er misst meine Körpertemperatur am Handgelenk. Kein Alarm riegelt die Insel ab, kein schweres Netz reißt mich zu Boden und wir spielen auch nicht „Under the Dome“ nach. Nein, es geht einfach nur zum Bungalow.
Maskenpflicht herrscht für die Mitarbeiter und für die Gäste nur im Bereich der Rezeption sowie im Restaurant. Dort gibt es weiterhin ein Buffet, allerdings wird man an diesem bedient. Ich finde das genial, denn so landet kaum noch Essen im Müll, wie man es sonst vom Buffet kennt. Keiner lädt sich Teller voll, die er am Ende gar nicht essen kann. Sehr gut, ich finde, das System könnte man so beibehalten. Einmal die Woche gibt es einen DJ-Abend in der Bar, der mich in meinem weit entfernten Bungalow etwas nervt, da der Bass über die Insel dröhnt. Sonst ist es ruhig, idyllisch und dass die Insel fast durchgängig ausgebucht ist, merkt man maximal beim Abendessen. Mittags ist es eher leer, morgens hängt es von der Uhrzeit ab – da ich seit einigen Jahren intermittiere, gehe ich aber meist eh nicht frühstücken.
PCR-Test unter Palmen, fernab von der Corona-Realität
Wie wundervoll mein Aufenthalt auf den Malediven ist und wieso ich ihn verlängere, ist nicht Thema dieses Beitrags. Entsprechend finde ich mich einen Tag vor Abflug schließlich bei einem PCR-Test unter Palmen wieder. Der ist gratis statt 125 USD, weil ich über zehn Tage da war. Die Kosten trägt dann das Hotel. Erneut steht ein Mann im Ganzkörperschutz vor mir, die ich nur eine Badeshorts und ein Tanktop trage. Wieder bereitet mir der Nasentest Freude und keiner versteht’s. Ich auch nicht, aber das ist mir egal. Am nächsten Morgen hole ich mein Dokument ab: negativ. Kann losgeh’n. Soll’s denn losgeh’n? Eigentlich lieber nicht. Es wird mir fehlen. Zu leben. Sich wieder begegnen zu können. Angstfrei. Zusammen am Strand stehen, zusammen schwimmen, zusammen um die Insel laufen, zusammen im selben Bungalow sein, zusammen am selben Tisch sitzen – all das mit Fremden. Vollkommen unwirklich erschien das noch am ersten Tag – so fest verankert ist die neue Realität bereits in den Köpfen. Umso befreiender auch das Gefühl, als alle verstanden haben, dass dies hier möglich ist. Und genau so entspannt sind auch alle: glücklich, lächelnd, froh. Corona ist kein Thema für diesen Ort.
Auf dem Weg zum Flughafen im Speedboot lasse ich meinen Aufenthalt nochmal Revue passieren, während ich gegen die Tränen ankämpfe und mir im Hintergrund immer sage: „Komm einfach in ein paar Wochen zurück!“ Ich glaube mir nicht, aber es beruhigt mich zu wissen, dass es möglich ist. Das Angebot des Hotels für meine Rückkehr habe ich sicher im Rucksack verstaut. Ich erinnere mich an die fantastischen Wochen, die hinter mir liegen. Die Eindrücke, die Menschen. Das leuchtende Plankton und die mit Abstand romantischste Nacht meines Lebens – was ich zugeben muss, auch wenn ich kein Romantiker bin. Ich erinnere mich an die Berichte der Menschen, wie entspannt sie das Reisen trotz Corona fanden und wie viel Angst sie davor hatten, alles sei kompliziert und gehe schief. Einstimmig stellten wir alle fest: nee, ist einfach super. Super, obwohl die Condor-Flieger wohl bis auf den letzten Platz voll waren. So voll, dass die Empfangshalle mindestens an einem Tag am Airport so überfüllt war, dass gar kein QR-Code mehr gecheckt wurde und alle einfach einen Stempel bekamen und durchgeschleust wurden. Ich denke an die Menschen, die bereits zwei Monate auf der Insel waren und immer noch weiter verlängern. Keiner will zurück, egal von wo er kommt. Nun ja. Erstaunlich viele waren auch nur zwei bis vier Tage vor Ort – dank fester Tischbelegung sieht man das im Restaurant immer ganz gut. Und mindestens einer war nur in Pseudo-Quarantäne, da er von Südafrika nicht auf direktem Weg bzw. ohne längeren vorherigen Aufenthalt in einem anderen Land nach England einreisen durfte.
Abflug von den Malediven
Am Flughafen angekommen kaufe ich ein Eis bei DQ und gebe damit meinen letzten US-Dollar aus, den ich noch in der Hosentasche habe. Zusammen mit dem Eis posiere ich vor der Wärmekamera im Food Court, an die maximal professionell mit buntem Klebeband des Pizzaladens zwei kleine Lautsprecher geklebt wurden. Mein pechschwarzes Eis vor meinem rot-gelben Körper löst wohl keinen Hitzealarm aus und erneut trifft weder ein Netz, noch wird der Bereich in Sekundenschnelle mit Stahlgittern abgeriegelt. Ich esse hochgradig verliebt das beste Eis der Welt und gehe nach draußen. Vor dem Eingang steht ein telefonierender Mann mit Tablet. Er sagt „Code“ und ich halte meinen QR-Code hin. Er scannt ihn, gleicht die Daten aber mit nichts ab. Ich hätte auch als „Donald Duck“ ausreisen können. Naja. Drinnen wird mein Rucksack am Eingang gescannt und weiter gehts zum Schalter, um die Tickets abzuholen. Der Flughafen ist winzig und in der Wartehalle sitzen etliche Menschen, die ihre Maske am Kinn hängen haben. Wieder ein Penny-in-Deutschland-Feeling.
Mit dem Bus gehts bald zum Flieger, der relativ voll ist. Dennoch habe ich eine mittlere Reihe für mich. Viel lieber wäre ich am Rand und so springe ich kurz vor der Abfahrt auf und überrumple den Flugbegleiter mit meinem Wunsch, für den Start und ein Video am Fenster sitzen zu können. Was die Flugbegleiterin auf der anderen Seite zuvor einem Gast ausgeschlagen hat, ermöglicht der Flugbegleiter mir nun, da alles schnell geht. Ich sitze also am Fenster und sehe die Malediven, die bald in der Dunkelheit des Sonnenuntergangs verschwinden. Danach kehre ich zurück zu meinem Platz und schlafe bald quer über die Sitze liegend – immerhin rund 30 Minuten.
Ohne Test-Kontrolle nach Dubai
Dubais Flughafen ist spät abends erneut nicht mit den Zeiten vor Corona zu vergleichen. Voll sieht ganz anders aus. Ich steige komplett zerstochen aus dem Flieger aus, möchte mir die rund 15 betroffenen und inzwischen dick rot angeschwollenen Hautstellen rausschneiden und habe nun dank meiner Flugumbuchung zwölf Stunden Aufenthalt vor mir. Ich will in die Stadt. Dubai gilt als Hochrisikogebiet und ein PCR-Test ist Pflicht – nicht übrigens für Deutschland, von den Malediven kommend. Die Wege trennen sich in Ankunft und Weiterreise. Ich frage, ob ich ohne Probleme wieder rein komme. Da sei man sich nicht sicher, aber ich müsse noch einen PCR-Test machen, kostenpflichtig. Ich verneine und verweise auf den bereits gemachten Test von den Malediven. Das reiche nicht – so bestätigen es mir vier Personen entlang des Wegs und wollen, dass ich vor Ort anstehe und bezahle. Ich habe aber die offizielle Webseite geöffnet und dort steht, ein PCR-Test maximal 48 Stunden vor Abflug gemacht, sei ausreichend. Ich frage noch jemanden, der direkt sagt, er habe keine Ahnung. Schnell winkt er eine junge Frau zu uns und die hat endlich Ahnung: der bisherige PCR-Test sei natürlich ausreichend und sonst einfach zur Immigration – wie lange ich da sei, sei egal. Na also. Ab zur Immigration und schon mal Ausweis und PCR-Test bereit halten.
Die Schlange ist lang, der Abstand wird wie immer nur nach vorne und hinten aber nie zu den Seiten eingehalten und schließlich bin ich dran. Reiche meinen Pass rüber, erhalte einen Stempel und eine Rabattkarte für Touristen. Ende. Was ist denn jetzt mit meinem spektakulären PCR-Test? Keiner wollte ihn sehen. Keiner. Ich lese noch mal nach: man benötigt einen für die Einreise. Keiner hat einen gezeigt – alle haben nur ihren Pass rüber gereicht. Ich bin in Dubai. Mit der Bahn fahre ich zum Burj Khalifa. Abstand halten ist nur bedingt möglich, denn obwohl es gleich Mitternacht ist, ist es recht voll. Ganz anders als nach dem Aussteigen. Eine gefühlte Ewigkeit laufe ich wieder von der Bahn zu diesem fantastischen Hochhaus. Alles fühlt sich an, als wäre ich gestern zuletzt hier gewesen. Verrückt. In der Mall hat noch ein Coffee Shop offen und ich setze mich raus und genieße die Aussicht mit etwas Koffein. Bald wird auch hier alles geschlossen – ein Mitarbeiter sagt bedauernd, normalerweise sei alles bis 2 oder 3 Uhr offen, wegen Corona wird aber schon gegen 1 Uhr alles geschlossen. Wenn ich das mal mit Deutschland vergleiche … Schon auf den Malediven waren alle entsetzt, dass wir seit November im Lockdown sind. Mir wird von geöffneten Clubs in Russland berichtet und von halbwegs normalem Leben in anderen Ländern.
Nachts allein in Dubai
Es ist leer und still. Ich nehme die Maske ab. Hin und wieder pilgern vereinzelt Menschen umher. Meist bin ich aber allein und mache etliche Fotos. Später pilgere ich selbst umher, frage in einem Hotel, ob ich kurz das Bad nutzen darf – sonst gibt es nichts, alles ist ausgestorben. Im Minutentakt halten Taxen neben mir, aber ich will nur gehen. Es ist laut, obwohl keiner da ist. Baustellenlärm. Mitten in der Nacht. Dubai ist eine einzige Baustelle. Nach einem Besuch in einem Mini Market steige ich ins Taxi und fahre zurück zum Flughafen. Es ist bereits vier Uhr, als ich dort ankomme und erneut still. Ich möchte durch die Sicherheitskontrolle gehen. Mache ich auch. Mein Rucksack liegt aber noch auf dem Band, das defekt scheint. Ein Mann klettert dort herum, aber es scheint zwecklos. Wir stehen und sehen zu, wie die Mitarbeiter unsere Boxen mit Inhalt auf das Nachbarband tragen. Das ist unbesetzt. Während noch kein Mitarbeiter hinter dem Bildschirm sitzt, wird unser Gepäck gescannt. Gepäck von vier Personen läuft durch den Scanner, bis ein Mitarbeiter am Bildschirm Platz nimmt. Mental tobe ich schon wieder, dass ich noch nie meinen Artikel über die Willkür bei jeglichen Flughafenkontrollen verfasst habe – ich habe etliche dieser Geschichten erlebt. Ob jemand meinen PCR-Test sehen wollte? Keiner.
Die meisten Menschen schlafen: auf Stühlen, Liegesesseln oder dem Boden. Für jeden ist genug Platz, denn viele sind nicht da. 20 Minuten schlafe ich mit Wecker auf einem der Sessel, bevor ich wieder umherlaufe. Vor dem Boarding gibt’s zum zweiten Mal Koffein, denn der Tag ist noch lang. Schon vor dem Einsteigen ist wieder klar: kaum jemand fliegt mit. Tatsächlich hat wieder jeder zwei leere Reihen um sich herum. Ich freu‘ mir den Arsch ab. Kein nerviger Mensch vor mir, der den Sitz zurückklappt, ich kann dasselbe ohne schlechtes Gewissen machen, ständig aufstehen und mich bewegen und auch sehr schnell gibt’s Essen, weil ja keiner da ist. Genial. Dauerhaft sitze ich ausgebreitet über drei Plätze und bin zwischendurch begeistert von der Landschaft. Erneut schlafe ich 30 Minuten mit Wecker und dann sind wir auch schon in Frankfurt.
„Wir tun was“-Aktionismus in Frankfurt & lustige Quarantäneregelung
Bereits am Gate kontrolliert die Bundespolizei jeden, der aussteigt. Ach ja, da war ja was: die Einreiseanmeldung. Der größte Witz der gesamten Reise. Nachdem man alles digital ausgefüllt hat, erhält man eine PDF, die weiß mit blauem Banner ist und kaum Daten enthält. Kurz: ein Dokument, das ein Affe binnen Sekunden selbst nachbauen kann. Die Bundespolizei sieht sich also den Ausweis an, den PCR-Test, den ich wie gesagt von den Malediven kommend gar nicht benötigt hätte und der nicht mal in Dubai kontrolliert wurde, wo er als verpflichtend angegeben war, und möchte dann gerne noch die Miniaturansicht meiner weiß-blauen Reiseanmeldung auf dem Handy sehen. Zwar kann der gute Herr nichts von den wenigen Daten dort lesen, aber dennoch lächelt er mich an, sagt „super, danke“ und winkt mich weiter. Alles klar. „Wir tun was“-Aktionismus, dröhnt es in meinem Kopf und ich kann einfach gar nichts mehr ernst nehmen. Erneut halte ich mein Handy mit dem weiß-blauen Bildschirm an der Passkontrolle hoch, vor der übrigens wirklich gar keiner Abstand hält, und erneut scheint das „super“ zu sein und ich darf weiter. Welcome to Germany. Mein Highlight ereignet sich erst drei Wochen später: bevor ich meinen PCR-Test der Malediven wegwerfen will, sehe ich zufällig, dass meine Passnummer falsch eingetragen ist. Keiner hat’s gemerkt. Keiner!
So. Wie war das noch gleich mit Quarantäne? Naja, hängt vom Bundesland ab. Welches denn eigentlich? Nun ja, am besten NRW. Wie? Nicht verstanden? Ist ganz einfach. Man gibt an, an welchem Ort man seine Quarantäne verbringen möchte. Diese muss nicht mit der Meldeanschrift übereinstimmen. Angenommen also Person A und B haben eine Fernbeziehung. A wohnt in Hessen, B in NRW. Dann möchte A sicherlich nach dem Urlaub zusammen mit B in Quarantäne sein, also in NRW, damit man nicht so allein ist. Was ist denn mit NRW und Quarantäne? Ach so? Nix. Wie nix? Ja nix. Keine. In NRW kann man sich umgehend nach Ankunft freitesten lassen, zum Beispiel gratis mit einem Schnelltest. Wie jetzt? Einfach so? A und B gehen also zum Schnelltest und sind frei? Hm. Theoretisch schon, ja. Aber praktisch … haben A und B ja vielleicht weniger als 48 Stunden vor ihrer Einreise nach Deutschland einen PCR-Test auf den Malediven gemacht. Hä, ja und? Na ja – solange das der Fall ist, gilt der auch zum „Freitesten“. Hä? Ja. Richtig gelesen. Wer 48 Stunden vor der Landung in Deutschland einen negativen PCR-Test gemacht hat, kann diesen quasi „anrechnen“ und muss nach dem Flug in NRW gar nichts mehr machen. Weil das so absolut gar nicht in meinen Kopf geht, mache ich dennoch einen Schnelltest nach der Landung. Hätte ich aber nicht gemusst. Und wieso nicht jeder einen Freund, eine Freundin oder Familie in NRW nach der Landung besucht und als Quarantäneanschrift angibt, verstehe ich sowieso nicht …
Fazit meiner ersten Corona-Reise 2021
Unabhängig von allem, was jetzt wie gelaufen ist: Ich habe mich während der gesamten Reise sicherer gefühlt als bei einem Penny-Besuch in Deutschland. So viel steht fest. Selbst draußen, am Kölner Rheinufer oder in einem Park am Wochenende bei gutem Wetter, fühle ich mich weniger sicher. Meine Reisekosten haben sich um 58 Euro erhöht, dank des PCR-Tests vorab. Weitere Kosten sind pandemiebedingt nicht entstanden – im Gegenteil: seit Jahren kam man zur besten Reisezeit im März nicht mehr so günstig auf die Malediven und damit war es einfach ein Angebot, das ich nicht ausschlagen konnte.
Ob ich wieder während der Pandemie reisen würde? Schon kurz nach meiner Ankunft in Deutschland, die im strömenden Regen kaum frustrierender hätte sein können, habe ich meine Rückkehr auf die Insel gebucht – Verlängerung wahrscheinlich und erwünscht. Den Sommer plane ich zudem im Ausland zu verbringen, vermutlich in Europa – aber wer weiß. Ganz oben auf der Liste stehen derzeit Schweden und Barcelona. Ob ich mal hätte ahnen können, einen Text übers Reisen zu verfassen, in dem „PCR“, „Quarantäne“, „freitesten“ und „FFP2“ als Standardvokabular vorkommen? Wohl kaum. So schnell kann’s gehen …
Dich interessiert, wie es weitergeht und wie es konkret auf den Malediven war? Erfahre mehr über mich in meinen Instagram-Stories und mehr zu meinen Reisen auf Youtube. Mehr Infos zu meinen Reisen findest Du hier und wirst via Twitter und Telegram über neue Beiträge informiert.
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