Am 1. Juni 2017 feierte Circus Flic Flac die Show-Premiere am Tourneestandort in Frankfurt am Main, wo noch bis 18. Juni Vorstellungen stattfinden. Die Tour heißt „Best of Flic Flac“ und bietet mit 35 international erfolgreichen Akrobaten und Extremsportlern eine spektakuläre Show, die begeistert und staunen lässt. In einem neuen Zelt und mit einer neuen Bühnenkonstruktion ist zwei Stunden lang jede Menge Platz für Action und Speed, rockige Sounduntermalung, atemberaubende Lichtinszenierungen, erstaunlich schnelle Umbauarbeiten im Dunkeln sowie Comedy. Vor allem als großer Fan des Flic Flac, der alles außer Tieren bietet, danke ich dem modernen Circus für die Einladung zu dieser fantastischen Show!
Ganz unten wie immer das Fazit für Gestresste. Die Sonne knallt über Frankfurt und noch stehen wenige Autos vor dem imposanten gelb-schwarzen Zelt, das auf dem Festplatz am Ratsweg aufgebaut wurde. Flic Flac ist in der Stadt! Das kann man kaum übersehen, wenn man nach Frankfurt hinein fährt, denn überall prangt einem gelb-schwarze Bannerwerbung entgegen oder es parken Fahrzeuge mit Flic-Flac-Beschriftung am Straßenrand. Die Erinnerung an das gelb-schwarze Berlin ist wieder präsent, wo ich zuletzt im Winter die Höchststrafe-Show sah. Die Parkgebühren sind, wie ich finde, mit drei Euro direkt vor dem Zelt wirklich sehr human bemessen. Wer etwas weiter laufen will, findet aber auch gratis Parkplätze in der Umgebung.
Ich gehe an der Flic Flac Bar vorbei in das Vorzelt. Bereits hier ist es heiß. Nachdem ich meine Karten abgeholt habe, sehe ich, dass die unfassbar witzige Dixie-Klo-Reihe als Durchgang zu den eigentlichen Toiletten fehlt. Schade – damit kann man doch immer wieder für Lacher bei anderen sorgen, die üblicherweise das Gesicht verziehen, sobald sie die vermeintlich ekligen blauen Kästen sehen. Im Bad sorgen die „Viel Vergnügen“-Knöpfe an den Seiten bereits für erhöhten Puls und hörbaren Spaß. Aber bitte nicht vergessen auch die normale Toilettenspülung zu verwenden! Die Herren dürfen sich in ihrem Badbereich übrigens über rollbare Garagentore freuen, über die sie sich von der Außenwelt abschotten können. Ich genieße noch ein wenig die Sonne und blättere im Programmheft. Das ist komplett in schwarz-weiß gestaltet und der Kauf lohnt sich für jeden, der ein paar Hintergrundinfos zu Circus und Acts oder ein schönes Andenken haben will.
Erst zwei Minuten vor Showbeginn erklimme ich die Stufen zu meinem Platz, der recht weit oben ist. Mit jedem Schritt wird es heißer und anfangs fühle ich mich wie in einer Sauna. Dank des doch noch schnell gekauften und kühlenden Getränks, das mit ebenfalls drei Euro für einen halben Liter auch bezahlbar erscheint, aklimatisiere ich mich nach rund zehn Minuten und empfinde die Temperatur als angenehm. Ich bin dennoch mehr als dankbar, dass ich mich für ein Shirt und spontan noch für eine kurze Hose entschieden habe. Alles andere wäre zu viel gewesen. Der Blick auf den oberen Plätzen ist perfekt und meiner Meinung nach auch viel besser, als die Plätze weiter unten. Bei Flic Flac spielt sich eben viel in der Höhe ab. Dank der neuen Bühnenkonstruktion stören auch endlich keine Innenmasten mehr – also keine Sichtbehinderung während der Show.
Diese startet pünktlich mit der Drohung, man müsse ein mindestens zweistündiges Helene Fischer Konzert über sich ergehen lassen, benutze man während der Show eigene Lichtquellen zum Fotografieren. Viktar Shainoha aus Weißrussland eröffnet den Abend mit seinem stählernen Körper und leitet an den Strapaten direkt zum großen Opener über: dem Globe of Speed. In der runden Stahlkugel, die auch als Todeskugel bekannt ist, rasen Sergio, Pit, Faber, Yompi, Liover, Victor, Santiago und Gino mit über 70 Stundenkilometern im Kreis. Anfangs sind sie zu dritt, aber regelmäßig kommen mehr Motorradfahrer dazu. Den Weltrekord haben sie Ende 2016 zu elft geholt. Die Frau vor mir schlägt sich während des Acts mindestens viermal die Hand an die Stirn und verharrt erst mit offenem Mund in dieser Position. Generell ist das Erstaunen des Publikums während der gesamten Show sehr gut zu sehen und vor allem auch hörbar.
Nach einem tobenden Beifall für die mutigen Motorradfahrer zeigt Viktar an den Strapaten, wie ein muskulöser Körper über die Gesetze der Schwerkraft lachen kann. Ich selbst habe in meinem Leben viele Jahre Akrobatik gemacht und gesehen, aber wo der durchschnittliche Akrobat zum Ende seiner Performance einfachere Tricks darbietet, kommt Viktar erst zu Hochformen auf und lässt die Menschen noch mehr Staunen. Es folgt eine Performance von Fery und Zsofie mit dem Rolling Wheel und man fragt sich, ob die beiden mit einem Rhönrad aufgewachsen sind, so sehr sind sie damit verschmolzen und beherrschen das runde Sportgerät in jeder Bewegung. Wild wird es beim gleichnamigen nächsten Act, der eigentlich so simpel ist und umso mehr fasziniert. Die Ukrainer Dima, Yura, Roma und Daniil haben nichts außer sich selbst und was diese vier Jungs mit ihren Körpern für akrobatische Figuren erschaffen können, sorgt für viel „wow“ in meiner Umgebung. Eine Mischung aus Lachen, Entsetzen, Stauen und „Waaas“ erlebe ich, als einer der Jungs als menschliches Springseil genutzt wird.
Der gebürtige Australier Justin Case ist der erste Comedy-Act und sorgt für jede Menge Lacher beim Versuch normal ein paar Runden mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Normal ist beim Flic Flac aber sowieso gar nichts und am Ende radelt er auf einer absoluten Mikro-Version eines Fahrrads sogar durch einen brennenden Reifen. Der Mexikaner Alain Alegra schwingt anschließend ungesichert in 16 Meter Höhe auf dem Trapez durch das Zelt und als er erstmals die Hände auf dem Trapez kniend loslässt, drückt sich der etwa Neunjährige in meiner Nähe seine Fäuste gegen die Wangen, starrt gebannt nach oben und sagt „Oh Gott, Mama, hilf mir!“. Ein Lächeln kann ich mir nicht verkneifen und ich erinnere mich, wie ich selbst etwa in seinem Alter erstmals von den Artisten des Flic Flac fasziniert war, mich freute, dort „alles außer Tiere“ zu erleben und umgehend sowie dauerhaft in den Bann dieses ganz anderen Circus gezogen wurde.
Christina Garcia kommt aus England und ist eine Künstlerin der Kontorsion. Wie sie ihren Körper entgegen aller anatomischen Gegebenheiten verbiegen kann, sorgt für einheitliches Aufschreien im Publikum. Der Begriff des Schlangenmenschens wird hier anschaulich erklärt – und zwar auf einem Autodach, mit Flammen um Christina herum. Eindrucksvoll! Noch eindrucksvoller ist aber, wie Christina nur mit ihrem Unterkörper einen Ballon mit Pfeil und Bogen zerschießt! Im Hintergrund wird bereits das riesige Luftpolster aufgebaut und als letzter Act vor der Pause zaubert Flic Flac seinen Gästen wieder ein immenses Staunen aufs Gesicht: aus dem Mittelgang, den viele von ihnen vorher noch nutzen, um ihre Plätze einzunehmen, rasen Motorradfahrer, fliegen über die Manege und schießen am anderen Ende wieder aus dem Zelt hinaus. Auf dem Motorrad sitzen, wäre dabei ja langweilig – natürlich hängen sie teils nur mit einer Hand daran oder lassen sogar kurzzeitig komplett los.
Am Ende der 20-minütigen Pause sehe ich, wie eine Frau vor mir ihren Chatverlauf öffnet und schreibt: „Besser wärst Du mitgekommen, es ist SUPER!!!“ Ich kann das nur bestätigen – und dabei war mein absoluter Lieblingsact noch gar nicht da … Nicolai Kuntz eröffnet nach der Pause mit atemberaubender Artistik am Trapez, bevor Ira Rizaeva in einem Glaskasten ihre Jonglagekünste vorführt und dabei sogar über Bande spielt. Anschließend wird wieder nach oben geschaut und gestaunt, wie sich die sieben Kolumbianer auf einem Hochseil ohne Netz und Sicherung so bewegen, als stünden sie auf dem Boden. Angelo, Julian, Robinson, Wilson, David, William und Jonathan bilden am Ende eine Pyramide und sorgen für einen Moment der Stille in einer sonst so sounduntermalten Show. Erleichterung beim Publikum, als alle sicher auf der linken Seite ankommen.
Der zweite und letzte Comedy-Act ist Patrick Lemoine, der mit einem sehr vielfältigen Programm inklusive Witzen unter der Gürtellinie für Lacher sorgt. Beide Comedians finde ich gut, bedauere aber dennoch meinen absoluten Favoriten Hubertus Wawra, den Master of Hellfire, hier nicht zu sehen. Dieser passt für mein Empfinden einfach am besten zum Gesamtkonzept des Flic Flac und hätte gerade bei einer Best of Tour dabei sein sollen. An den Strapaten zeigen Iryna und Dima anschließend eine wortwörtlich fesselnde Liebesgeschichte, die mit einem grandiosen Glitzerregen endet. Auf diesen Act habe ich mich sehr gefreut und wieder einmal war er perfekt umgesetzt. Nichtsdestotrotz: das Publikum liebt beide Comedy-Acts des Abends – mit Recht!
Schließlich kommt mein Lieblingsact: das Todesrad. Für mich ist es schon immer der Traum, selbst einmal auf oder besser vielleicht im Todesrad gegen die Schwerkraft anzukämpfen – die Betonung liegt in meinem Fall aber vermutlich auch eher auf einmal und bevor ich am Ende komplett eingegipst oder gar einbalsamiert irgendwo liege, vor allem aber auch, da ein Todesrad nicht an jeder Ecke zu finden ist, verzichte ich dann doch, diesen Traum zu leben. David, Jonathan, William und Willson machen das alles also viel besser, als ich das je könnte und spätestens wenn sie für einige Momente in der Luft schweben, bevor sie wieder auf dem Rad aufkommen, stockt den Menschen der Atem. Bei keinem meiner bisherigen Flic-Flac-Besuche habe ich so viel Erstaunen hören können.
Die Show bietet ein wunderschönes Finale im strömenden Regen mit einer eindrucksvollen Equilibristik-Performance von Jenny und Daniil. Die Balance zu halten, ist ja bereits eine Herausforderung – im Regen auf nasser Haut wird es aber gleich nochmal anspruchsvoller. Die Lichtinszenierung unterstreicht dieses wundervolle Schauspiel perfekt und die Besucher sind sichtlich angetan von so viel Perfektion und Schönheit. In Regenmänteln betreten schließlich alle Akrobaten und Extremsportler die Manege, die man so kaum nennen will, weil Flic Flac viel mehr Show als Circus ist. Als sie sich nach einem kurzen Blackout alle in weiß präsentieren gibt es umgehend standing ovations von scheinbar allen rund 1.500 Besuchern. Erneut: mit Recht!
Fazit für Gestresste: 27 Jahre Flic Flac stehen für 27 Jahre Action, Adrenalin und spektakuläre Shows! Abend für Abend bringen Weltrangartisten auf den Tourneen die Besucher zum Staunen und bieten das Unerwartete. Wer die Show besucht, sollte starke Nerven mitbringen. Die Live-Band der Höchststrafe-Show hat für noch mehr Emotionen gesorgt, aber auch die Best of Tour glänzt was den Sound angeht mindestens so, wie hinsichtlich der Lichttechnik. Die 35 Akrobaten und Extremsportler sorgen zusammen mit einem Team von über 65 Mitarbeitern im Hintergrund für einen unvergesslichen Abend, der sich definitiv lohnt!
Flic Flac ist quasi der Vegetarier der Zirkus-Szene und tourt mit der Best-of-Show die „alles außer Tiere“ bietet durch acht deutsche Städte. Ich gehe davon aus, dass ich die Show nicht zum letzten Mal gesehen haben werde … Mein dringender Tipp: Smartphone zu Hause lassen und einfach mal alles auf sich wirken lassen. Wer den Bildschirm beim Fotografieren oder Filmen anstarrt, verpasst das echte Leben! Flic Flac ist noch bis 18. Juni in Frankfurt und danach vom 22. Juni bis 2. Juli in Bochum. In allen Tourneestädten werden übrigens Postkarten in Bars verteilt, die einen Buchungscode für eine Vergünstigung enthalten. Einfach mal Ausschau halten, nach „Alles außer Tiere“. Mehr Infos zum Circus auf der neu gemachten, offiziellen Webseite. Nochmals danke an Flic Flac für die Einladung!
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