Reisen oder Urlaub machen. Noch eine Blogparade, an der ich mich gerne beteilige. Gedanken zum Thema gehen mir schon seit einer Weile durch den Kopf, durch mein Gespräch mit Elvis-Imitator Dean Z in England wurde das aber noch einmal vertieft, da er sagte, dass er das ganze Jahr auf Reisen sei aber nie Urlaub mache. Gibt es also wirklich einen Unterschied zwischen Reisen und Urlaub machen? Für mich ist das ganz klar zu beantworten …
Meinen letzten ernstzunehmenden und länger als drei Tage andauernden Urlaub habe ich vermutlich 2009 gemacht. Moment mal: drei Tage? Schon wird es kompliziert, richtig. Ich würde einen Kurzurlaub tatsächlich noch mal getrennt von einem Urlaub betrachten. Urlaub machen fängt bei mir ab etwa einer Woche an. Vielleicht auch bei fünf Tagen – das käme dann wohl auf den Einzelfall an. Kurzurlaub verbinde ich meist eher mit Stress (vorbereiten, packen, Transfer, ankommen, auspacken, einleben, erkunden, einpacken, Transfer, ankommen, auspacken, verarbeiten), weshalb ich hier dann eher den Begriff Kurztrip wählen würde oder mit Kurzurlaub eben einfach keinen Urlaub meine.
Bevor ich mich jetzt hier in akribischen Definitionen verliere, kurz mal ein Blick auf die Experten: Was sagt der Duden? Dass der Begriff Urlaub eigentlich aus dem Berufsleben stammt, wusste ich bereits. Konkret ist Urlaub also die „(in Betrieben, Behörden, beim Militär nach Arbeitstagen gezählte) dienst-, arbeitsfreie Zeit, die jemand [zum Zwecke der Erholung] erhält“. Zum Zwecke der Erholung. Das würde ich als wichtig erachten. Kurzurlaub ist laut Duden ein „kurzer, nur einige Tage dauernder Urlaub“. Was ist mit dem Begriff der Reise? Abgesehen von einer Drogendefinition sagt der Duden, eine Reise ist die „[der Erreichung eines bestimmten Ziels dienende] Fortbewegung über eine größere Entfernung“. Größere Entfernung. Kann ich dann nicht in die Umgebung verreisen?
Ich schaue mich noch etwas um. Reisen, schwaches Verb. Es bedeutet, dass man eine Reise macht – die Synonyme sind da wohl überraschender: „aus dem Koffer leben, sich die Welt ansehen, … unterwegs sein; … (scherzhaft) globetrotten“. Wieso eigentlich scherzhaft? Nun gut, das alles macht mal also beim Urlaub wohl nicht? Moment, es gibt tatsächlich das Verb „urlauben“? Definition: „Urlaub machen“. Beispiel: „Sie urlauben immer an der See.“ Sie urlauben an der See? Ich denke nicht, dass ich das jemals so gehört habe! Ich sehe mir noch „herumreisen“ an: „von einem Ort zum andern reisen, auf Reisen sein“. Na gut, zurück zu den Substantiven!
Als Synonyme für Urlaub schlägt Duden unter anderem arbeitsfreie Zeit, Freizeit, Reisezeit und Urlaubszeit vor. Von Reisen steht hier quasi nichts – außer, dass man den Urlaub zum Reisen nutzen kann (Reisezeit). Bei Reise hingegen schlägt Duden nicht nur Ausflug, Exkursion, Expedition, Fahrt und Tour, sondern sogar Odyssee vor. Klingt nicht erstrebenswert in diesem Kontext. Generell scheint hier schon mal keine wirkliche Verknüpfung von Urlaub und Reisen vorzuliegen und der Urlaub scheint sich tatsächlich eher beamtenmäßig auf einen Teil des Arbeitsverhältnisses zu beschränken. Was ist aber umgangssprachlich mit Urlaub gemeint, wenn der Begriff nicht einfach nur bezeichnet, dass jemand nicht arbeiten gehen muss?
Ich denke Urlaub machen wird tatsächlich meist mit Entspannung und nicht vorhandenen Verpflichtungen gleichgesetzt. Man muss nicht erreichbar sein, man fährt oder fliegt vielleicht weg, man kann seinen Tagesablauf relativ frei gestalten – alles natürlich abhängig von der eigenen Lebenssituation und den Umgebungsvariablen. Urlaub machen geht auch zu Hause – auf dem berühmten Balkonien zum Beispiel. Andere machen Urlaub lieber auf den Malediven oder erklimmen die höchsten Berge. Ganz andere machen Urlaub, indem sie von einem Adrenalinkick zum anderen hetzen und dann … dann gibt es da ja noch diese Reisenden!
Ich verreise sehr oft und gerne. Als Urlaub sehe ich fast nichts davon an. Im Grunde denke ich manchmal sogar, dass ich mal Urlaub vom Reisen und einfach einen Urlaub machen sollte. Verrückt, nicht wahr? Mein Kopf arbeitet eigentlich immer. Das ist schon mal wenig Urlaubsfeeling. Ansonsten nehme ich als „digitaler Teilzeit-Nomade“ meine Arbeitssachen aber eigentlich auch immer und überall hin mit. Laptop, Diktiergerät, Notizbuch. Mindestens einer dieser Gegenstände ist eigentlich stets dabei. In Pescara habe ich ganze zwei Stunden am Strand gelegen und war wahnsinnig stolz, dass ich die Sachen alle im Hotel hinter mir gelassen habe. Ich erinnere mich noch sehr gut an die weit aufgerissenen Augen und die Stimme, die sogar etwas lauter wurde: „Du hast Arbeitssachen dabei?“ Gefolgt wurde das kurz darauf von dem üblichen Satz: „Wann machen wir endlich mal Urlaub?“
Da ist es schon wieder. Urlaub. Ich weiß eigentlich gar nicht, ob ich bei all dem Reisen nicht verlernt habe Urlaub zu machen!? Vor einigen Jahren konnte ich tatsächlich noch irgendwo am Strand oder Pool liegen und es einfach genießen nichts zu machen. Klar, nach spätestens zwei Tagen war das auch langweilig, aber es ging. Heute geht das eigentlich gar nicht mehr und wenn ich in einer neuen Stadt bin und (wie in Barcelona) viel sehen will, kommt es vor, dass ich um 8 Uhr morgens starte und meine erste Laufpause um 19 Uhr – und dann auch nur gezwungen und für zehn Minuten – mache. Manchmal fahre ich an den Strand, halte es dann aber auch nur ein paar Stunden aus – außer ich arbeite. Arbeiten, wo andere Urlaub machen. Eigentlich ziemlich reizvoll, wie ich finde. Dann fahre ich lieber extra an so einen Ort, als in einer Stadt in einer Wohnung zu sitzen. Moment – also Stadt ungleich Urlaub?
Hm. Du siehst, es ist nicht so ganz einfach mit dem Erschaffen von Definitionen. Tatsächlich würde ich in einer Stadt keinen Urlaub machen und einen Strädtetrip auch nicht als Urlaub ansehen. Außer vielleicht, wenn man den ganzen Tag nur in einem SPA oder auf der Dachterrasse im Pool verbringt – nicht, dass mich das nicht auch nach 20 Minuten zu Tode langweilen würde … Dann kann man das jedenfalls vielleicht als Urlaub durchgehen lassen. Generell sind mir Städte aber eher zu laut und zu wenig entspannend, um für einen Urlaub geeignet zu sein. Urlaub muss für meine Definition Ruhe und Entspannung beinhalten – so wie er auch laut Duden der Erholung dienen soll. Versuche ich mich also mal an meinen eigenen Definitionen, denn ja, ich finde es gibt einen Unterschied zwischen Reisen und Urlauben …
Urlaub bedeutet, dass man keiner beruflichen Verpflichtung nachkommen muss und die arbeitsfreie Zeit zum Entspannen an (idealerweise) ruhigen Orten verbringen kann. Ein Urlaub beginnt ab etwa fünf bis sieben Tagen und dauert bis etwa einen Monat. Eine Reise hingegen kann wenige Stunden bis etwa fünf, sechs oder sieben Tage oder aber mindestens einen Monat lang dauern und dient nicht vorrangig der Entspannung, sondern dem Erweitern des eigenen Horizonts, wobei es auch mal stressiger oder unkomfortabler zugehen kann. Beim Reisen wird gegebenenfalls über mehr hinweg gesehen, als beim „Urlauben“, weil man sich vom Urlaub mehr Perfektion verspricht und vom Reisen eher mehr Abenteuer und Geschichten, die über das Buffet hinausgehen.
Meinem Gefühl zufolge geht der Trend in einer stets mehr vernetzten und auf Technik basierenden Welt ganz stark in Richtung Reisen und immer weniger in Richtung Urlaub – immerhin kann heute kaum jemand mehr zwei Stunden ohne den Blick aufs Smartphone überleben und zu Hause ist, wo man automatisch mit dem Wi-Fi verbunden wird … Auf eine Abgrenzung zwischen Reisenden, Urlaubern und Touristen gehe ich später ein. Für heute bleibe ich beim Reisen und Urlauben – ach nein, vorerst ja wohl nur beim Reisen …
Alles Liebe,
Claire
Pingback: Blogparade: Urlaub machen und Reisen – Ein Unterschied? /
Pingback: Warum es keine Unterscheidungen von Touristen braucht /
In Deutschland wird der Urlaub sogar vom Gesetzgeber festgelegt.
„§ 7 (2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.“
Also ist es zwar für deine Definition okay, wenn „Urlaub“ machen bei fünf Tagen anfängt. Aber einmal im Kalenderjahr musst du 12 Tage Urlaub machen.
Ich finde es ist natürlich, wenn der Kopf sich Tage ohne „Input“ genehmigt. In dem Fall sind neue Eindrücke sammeln eben auch arbeit ;)
LG Daniel