Vor allem Stammgäste besuchen Uwe und Dette regelmäßig in ihrem Wohnzimmer zum Essen. Wohnzimmer? Ja, als „unser Wohnzimmer“ bezeichnet Dette die Snackbar bzw. Frituur De Molen in der Boxhagener Straße 76-78 im Kiez Friedrichshain, die er wie auch Besitzer Uwe Hübner als einen seiner wichtigsten Lebensinhalte ansieht. Angeboten werden hier neben diversen landestypischen Snacks natürlich auch original niederländische Pommes. Mir schmecken Pommes ja gar nicht, aber trotzdem folgte ich der dringenden Empfehlung eines einst mitgenommenen Anhalters und ließ mich im Mai 2017 von Dette auf original niederländische Pommes Oorlog einladen.
Nach einer eingehenden Beratung, welche Pommes für mich trotz meiner generellen Abneigung wohl am geeignetsten sind, schlägt Dette mir Pommes Oorlog vor. Diese werden mit Mayonnaise und Erdnusssauce serviert. Erdnüsse … Noch so eine Sache, die ich gar nicht mag. Ich bin mehr als gespannt, denn immerhin versprach mir der Anhalter, dass es egal sei, ob ich Pommes möge oder nicht – diese würde ich definitiv mögen. Ich setze mich an einen der Tische, von dem aus ich durch die Glasfront auf den gegenüberliegenden Parkplatz sehen kann und warte. Ich hatte mich bereits einige Tage zuvor angekündigt und Dette ist heute extra für mich zur Snackbar gekommen, obwohl dies einer der wenigen Tage ist, an denen er eigentlich frei hat – das rührt mich, ist mir aber auch etwas unangenehm …
Wenige Minuten später stellt er mir die frischen Pommes zu meinem Getränk, auf das ich ebenfalls eingeladen wurde. Ich muss schon mal direkt sagen: sie sehen verdammt gut aus, ebenso wie die Erdnusssauce. Es folgt also der Test und für mich gleich noch eine Premiere, denn aufgrund meiner Abneigung gegenüber Erdnüssen habe ich auch noch niemals zuvor eine Erdnusssauce gegessen – erst Recht nicht in Kombination mit Mayonnaise. Die Portion ist ziemlich groß und ich muss sagen, sie ist wirklich verdammt gut. Sie wird mich nie zu einem Pommes-Fan machen, aber sowohl die Pommes als auch die Saucen haben mich definitiv überzeugt. Diese Pommes gehören zu den besten, die ich je gegessen habe – und ja, ich habe tatsächlich oft welche gegessen bzw. vor allem bei anderen probiert.
Wenig später sitze ich mit Dette zusammen am Tisch. Mich interessiert vor allem, wieso man in der Hauptstadt eigentlich nur hier echte holländische Pommes findet. Einzigartigkeit in Berlin ist ja schon etwas Seltenes … Dette erklärt, dass Uwe selbst aus den Niederlanden kommt und er dadurch schon viele Pluspunkte hat, alleine was den Bezug der Waren angeht. Dette ist seit zwei Jahren dabei, Uwe betreibt die Snackbar bereits seit 2008. Darum ist für 2018 auch ein großes Fest zum 10-Jährigen geplant, verrät er jetzt schon. Danach steht, wie er aufgrund der derzeit optimalen Location bedauert, ein Umzug an, da alles platt gemacht wird – zugunsten von Eigentumswohnungen.
Dette und Uwe leben für die Snackbar De Molen in ihrem Kiez. Sie wohnen und arbeiten nicht nur in Friedrichshain, sondern auch in ihrem Laden. Die Gäste kennen sie – mitsamt ihrer Stärken und Schwächen. „Jeder hat mal einen schlechten Tag“, sagt Dette. Man könne sich darauf verlassen, dass er sich den Gästen anpasse, aber irgendwo seien natürlich auch Grenzen. Zum Beispiel, wenn ein Gast sein Kind auf einem der Essenstische wickeln möchte und dann sogar mit Unverständnis reagiert, dass das alleine aus Hygienegründen selbstverständlich nicht möglich sei. Der Ironie ist wohl geschuldet, dass ich diesen Beitrag ein paar Tage nach meinem Berlin-Aufenthalt in einem Strandcafé am See verfasse und auf dem Tisch vor mir ein vollständig unbekleidetes, rund dreijähriges Kind mit allen erdenklichen Körperteilen über den einen Tisch rutscht, während das andere nur Badeanzug lang ausgestreckt auf dem Nachbartisch liegt, an dem die Mütter unbeiirt über Rezepte philosophieren …
„Man muss immer seiner Linie treu bleiben, wobei Abweichungen möglich sind“, betont Dette. Er trägt schwarze Kleidung, hat Piercings im Gesicht. Man merkt ihm an, dass er absolut echt ist und es nicht nötig hat, sich zu verstellen. Es macht Spaß mit ihm zu reden – und das merken auch die Gäste. Das Wort „Kunde“ vermeidet er, das sei zu negativ besetzt. Dette und Uwe empfangen nur „Gäste“ in ihrem Wohnzimmer und das merken diese wohl auch. Er deutet auf den jungen Mann, der schräg hinter mir sitzt: „Der zum Beispiel isst nicht mit Holzgabeln, sondern nimmt nur Plastikgabeln.“ Sich zu merken, wer zu Gast ist und was derjenige mag oder auch nicht, mache den Unterschied, so Dette. Ich kann das aus eigener Erfahrung hinsichtlich meiner Stammlokalitäten bestätigen. Für Dette ist die Snackbar übrigens das Ende des Weges. Der gelernte Koch sagt, dass ihm das bewusst war, bevor er angefangen hat mit Uwe zusammenzuarbeiten: „Hier bleibe ich für immer, hieran hängt mein Herz!“
Was Dette und vor allem natürlich Uwe hier aufgebaut haben, hat Charakter. Gäste und Freunde bringen Geschenke mit und ebenso erhalten sie auch oft Geschenke. Es sei ein Geben und Nehmen, ein sehr freundschaftliches Miteinander – und das mitten in der als so anonym verschrienen Metropole. Laut Dette ist die Snackbar ein kultureller Schmelztiegel, an dem sich alle Gesellschaftsschichten vom Obdachlosen bis zum Millionär treffen und Pommes essen. Dieser Ort strahlt Sympathie aus und ich habe mich hier tatsächlich sehr wohlgefühlt. Abgerundet wird das durch eine super Qualität des Essens. Dette mag wie auch ich übrigens weder Schokolade noch Kakao und hat mir als Abschiedsgeschenk dennoch eine Dose holländischen Kakao namens Chocomel mitgegeben – der beste Kakao der Welt, wie er findet. Im aufgeheizten Auto angekommen öffne ich also nicht nur die Fenster, sondern auch die Dose und muss gestehen: aller guten Dinge sind drei – ich wurde an diesem Tag von Pommes, Erdnusssauce und Kakao positiv überrascht!
Wer in Berlin lebt oder einen Besuch der Hauptstadt plant und sich für niederländische Spezialitäten begeistert oder sie kennenlernen möchte, sollte unbedingt Uwe und Dette in ihrer Snackbar De Molen in Friedrichshain besuchen. In der aktuellen Location ist alles barrierefrei, auch die Gästetoilette. Gratis WLAN kann auch genutzt werden. Eine neue Location für etwa ab 2019 ist noch nicht gefunden, soll aber definitiv wieder im Kiez sein. Ich danke Uwe und Dette für die Einladung und freue mich, beim nächsten Besuch in Berlin wieder vorbeizuschauen!
Kommentar verfassen