Warum Reise-Empfehlungen immer mit Vorsicht zu genießen sind

„Wohin soll der nächste Urlaub gehen?“ Sehr oft lese ich diese Frage im Internet. Meist steht sie alleine da, mit der Bitte um Tipps. Selten finden sich noch Preis- und Klimawünsche dabei. Immer wieder sitze ich augenrollend und kopfschüttelnd vor dem Bildschirm und frage mich: „Wie soll da jemand was empfehlen können?“ Der Grund, wieso ich das denke, ist ganz einfach: es geht um die Relevanz der Reisepräferenzen und weshalb Empfehlungen anderer immer mit Vorsicht zu genießen sind.

Die Vancouver-Skyline am Abend.

Die Vancouver-Skyline am Abend.

Ich unterhalte mich mit einer Flugbegleiterin. Vancouver sei traumhaft, schwärmt sie. Eine der schönsten Städte. Das beeindruckt mich: Jemand, der schon so viele Orte bereist hat – das hat sicher etwas zu heißen. Ohne die Aussage zu hinterfragen, fahre ich von den USA aus nach Vancouver und dort angekommen bin ich ziemlich enttäuscht. Die kanadische Stadt gefällt mir zwar besser als Toronto, aber insgesamt tatsächlich nicht wirklich. Städte werden für mich vor allem durch Hochhäuser und andere architektonische Highlights zu meinen Favoriten. Europäisch angehauchte Städte auf anderen Kontinenten gehören hingegen meist nicht dazu. Wenn ich Europa sehen will, erkunde ich Europa, so einfach ist das. Vancouver wirkt auf mich äußert europäisch, wie auch San Fransisco oder eben Toronto. Nach beeindruckenden Hochhäusern muss ich in Vancouver auch nicht lange suchen, denn es gibt sie nicht. Die Flugbegleiterin und ich sprechen danach über meinen Ausflug und sie kann meine mangelnde Begeisterung ähnlich wenig nachvollziehen, wie ich ihren Enthusiasmus. Sie empfiehlt mir Chicago.

Ein Teil der Skyline von Chicago.

Ein Teil der Skyline von Chicago.

Einige Monate später treffen wir uns zum Abendessen in der Cheesecake Factory mitten in Chicago. Nur zufällig und sehr kurzfristig haben wir herausgefunden, dass wir beide am selben Tag in der Stadt sind und nutzen die Gelegenheit für ein Wiedersehen nach langer Zeit. Das Essen ist hervorragend und ich bin begeistert – viel mehr, als ich von der Stadt begeistert bin. Zugegeben, das Wetter ist ziemlich mies, die Stadt heißt nicht unbegründet „the windy city“ und aus dem heißen Texas kommend habe ich definitiv die falsche Kleidung für Temperaturen knapp über null Grad Celsius. Allerdings bin ich fest davon überzeugt, dass die richtige Stadt oder der richtige Ort bei jedem Wetter gefallen und jene Orte, die bei Regen überzeugen einfach immer eine Reise wert sind. Wie dem auch sei: Chicago überzeugt mich nicht – trotz der vielen und teils wirklich schönen Hochhäuser. Die Stadt erinnert mich zeitweilen an Batman, was gut ist. Mehrheitlich bin ich aber gelangweilt. „Wenn ich groß bin, möchte ich New York City werden …“ Diesen Satz habe ich immer im Kopf. Vielleicht waren meine Erwartungen auch zu hoch. Schließlich habe ich den Nachmittag bis zu meiner Verabredung jedenfalls bei Dunkin Donuts sowie in der Stadtbibliothek mit Arbeiten verbracht, weil ich mich einfach nicht wohlgefühlt habe und die Zeit als digitaler Nomade lieber sinnvoll nutzen wollte. Wieder einmal können wir beide nicht nachvollziehen, welche Meinung der andere zu der empfohlenen Stadt hat. Wir sprechen über Hongkong und sie kommt aus dem Schwärmen kaum mehr raus. Also gut, denke ich: „Aller guten Dinge sind drei!“.

Ein Teil der Skyline Hongkongs mit dem Hochhaus auf dem Batman in "The Dark Knight" stand im Fokus.

Ein Teil der Skyline Hongkongs mit dem Hochhaus auf dem Batman in „The Dark Knight“ stand im Fokus.

Ich baue also Hongkong in meinen Trip mit dem Around-the-World-Ticket ein und streiche dafür schweren Herzens Manila. Hong Kong ist meine erste asiatische Stadt, mit der ich in Berührung komme. An Hochhäusern mangelt es tatsächlich nicht – ich bin begeistert. Vom Touchdown bis zum Takeoff bin ich chronisch am Grinsen und mehr als glücklich, ihrer Empfehlung gefolgt zu sein: Ich finde mich „deeply in love“ mit Hongkong wieder. Am Ende haben wir somit doch noch eine Übereinstimmung gefunden.

Generell sollten die individuellen Präferenzen bei Reisen und Urlauben niemals unterschätzt werden. Niemals würde ich zu einem Urlaub in Miami Beach, Florida raten, ohne hinzuzufügen: „Außer Du stehst auf die wildesten Partys, Saufen ohne Ende, One-Night-Stands und am Strand in fremdem Erbrochenen liegen„. Ich persönlich präferiere ruhige Traumstrände und habe in meiner ehemaligen Wahlheimat Florida ganz andere Orte als Insidertipps im Kopf. Ich bin kein Fan von Wald, also wird eine stark bewaldete Gegend für mich nie so toll sein können, wie so ziemlich alle Orte mit Palmen. Damit Du Dir ein besseres Bild machen kannst, ob meine hier veröffentlichten Tipps auch für Dich geeignet sind, versuche ich natürlich alles immer gut zu beschreiben, habe auf meiner Seite mit den bereisten Orten aber auch jene Städte aufführe, die ich mag und die ich nicht mag. So hast Du die Chance herauszufinden, ob Du und ich ähnliche Präferenzen haben. Ganz nach dem Motto: Personen, denen diese Orte gefallen oder missfallen, mögen oder vermeiden am besten auch die folgenden Orte. Eine Garantie gibt es natürlich aber trotzdem nie und manche Erfahrungen muss man auch selbst machen. Wenn Du also im Bekanntenkreis oder im Internet Reisetipps erfragen willst, denk‘ bitte immer dennoch daran einen Abgleich mit den individuellen Interessen und Präferenzen zu machen. Vergiss dabei am besten auch nicht die Relevanz der Reisereihenfolge.

Alles Liebe,
Claire

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