An einem der schwarz-lila dekorierten Tisch im New Daisy Theatre in der berühmten Beale Street in Downtown Memphis sitze ich und arbeite. Warte, dass alle Fans ihre Autogramme bekommen und ihre Fotos zusammen mit Elvis-Interpret Ben Portsmouth gemacht haben, der hier eben noch inmitten der Bühne auf einem weißen Holzklappstuhl saß und ein Akustikkonzert gegeben hat. Es ist Elvis Week 2015 und die Stadt wimmelt von Männern sowie teils auch Frauen und Kindern, die Elvis Presley verdammt ähnlich sehen. Ben Portsmouth sieht hingegen gerade ziemlich leger aus, als er seine Fans im schlichten weißen T-Shirt, mit beigefarbener Hose und einem überaus charismatischen Lächeln begrüßt. Schließlich durfte ihm auch der letzte Fan die Hand geben und Ben erscheint mit einem Stapel neuseeländischer Schokolade – einem ihm sehr willkommenen Geschenk seiner Fans. Wir sind beide am Verhungern, weshalb Ben vorschlägt, Essen zu gehen.
Mit meinem Mietwagen laden wir zunächst sein Gepäck an seinem Motel ab und fahren anschließend zum Restaurant des Luxushotels mitten in Downtown, Memphis. Auf dem Weg dahin stelle ich Ben bei über 30 Grad Celsius vor die Wahl: Klimaanlage oder Fenster auf? Nach kaum mehr als zwei Sekunden Bedenkzeit öffnet er grinsend das Fenster auf der Beifahrerseite – sehr europäisch, sehr sympathisch. Noch sympathischer und vermutlich seiner Passion geschuldet finde ich, dass er während der kurzen Fahrt immer wieder vor sich hin singt. Abgesehen davon, dass Ben gerne in teuren Steakhäusern isst, wirkt er sehr bodenständig und bescheiden. Neben Brasilien ist das seiner Heimat nahegelegene Spanien eins seiner liebsten Reiseziele, da er sich sehr für die spanische Geschichte interessiert. Auch auf seinen Flügen gibt er sich preisbewusst und bucht trotz seiner Größe von 1,82 Meter – womit er übrigens so groß wie Elvis selbst ist – üblicherweise Economy-Plätze. Als Millionär würde er First Class fliegen, gibt er zu, aber solange das nicht so sei, sei die Holzklasse völlig ausreichend.
Ben Portsmouth lebt davon, Elvis Presley zu sein. 2012 gewann er den Ultimate Tribust Artist Contest in Memphis, der seit 2007 jährlich während der Elvis Week denjenigen kürt, der Elvis am besten repräsentiert. Der Sieger wird anschließend für Elvis-Shows in der ganzen Welt gebucht. Dieses Privileg wurde Ben Portsmouth als erstem Nicht-Amerikaner zuteil. Im Alter von 20 Jahren verließ er seine Heimat England erstmals und reiste in die Türkei. Insgesamt hat er in seinem Leben bislang rund 20 Länder bereist – fast alle dank Elvis. Die genaue Anzahl der bereisten Länder kennt er nicht, denn wie auch seine Kollegen sagt er, dass alles einfach zu schnell passiere und es schwierig sei einen Überblick zu behalten. Wann immer er fliegt, versucht er so wenig Zeit wie möglich im Flugzeug zu verbringen und geht somit am liebsten zuletzt an Bord. Generell empfindet er das Reisen als lästige Notwendigkeit, um von einem Ort zum anderen zu kommen. Transfer sei nicht sein Ding – egal ob Fliegen oder Road Trips.
Wenn Ben als Elvis unterwegs ist, muss er stets für zwei Personen packen. Umso mehr ist er darauf bedacht, seine persönlichen Gegenstände auf ein Minimum zu beschränken. Was er immer dabei hat, sind sein Portemonnaie, sein Smartphone und ein beliebiges After Shave. Außerdem immer dabei: sein Freund und Manager, der sich laut eigener Aussage nicht nur um Transport und Termine vor Ort kümmert, sondern auch darauf achtet, dass sich Ben gut ernährt. „Damit ich auch immer in die teuren Jumpuits passe“, fügt Ben zwinkernd hinzu. Sobald Ben am Zielort in einem Hotel ankommt, sucht er einen Ort, um sein Smartphone zu laden, da der Akku nie lange hält, wie er genervt feststellt. Danach sieht er sich die Gegebenheiten des Zimmers an (facilities). Im Idealfall hat er dazu ausreichend Zeit, da er immer versucht bereits einen Tag vor einem Auftritt anzureisen – vor allem auch, falls unterwegs ein Koffer mit den Kostümen abhanden kommt.
Ben betont, dass er die einfachen Dinge im Leben mag, zu denen er zum Beispiel Fliegen und Extremsport nicht zählt. Stattdessen genieße er lieber ein gutes Essen, eine nette Begleitung oder seinen traditionellen Nachmittagstee, den er als „stubbern Englishman“ einfach brauche. Außerdem beschäftigt Ben sich gerne mit Musik oder sieht sich Dokumentationen an. Eine Faszination hat er für den Zweiten Weltkrieg entwickelt und sieht sich Filmmaterial dazu in seiner Freizeit auf DVD, im Fernsehen oder auf Videoportalen im Internet an. Ist Ben in fremden Ländern unterwegs, versucht er viel von Sprache und Kultur mitzubekommen. Bei seiner Deutschlandtour 2014 hat er beispielsweise viele deutsche Wörter und Sätze gelernt, wie er während unseres Gesprächs immer wieder treffsicher und mit sehr guter Aussprache beweist.
Abgesehen davon, dass er generell sehr gerne zu Hause ist und auch immer noch an dem Ort lebt, an dem er geboren wurde und aufwuchs, ist die Sehnsucht nach seinem Sohn ein großer Wehmutsfaktor auf Reisen. Umso wichtiger ist ihm gratis WLAN: so kann er mit seinem Bild dank Videotelefonie in gutem Kontakt bleiben. Solange es ihm möglich ist, möchte Ben in Zukunft weiter als Elvis Presley durch die Welt reisen, vielleicht in Zukunft auch hin und wieder mit seinem Sohn zusammen. Idealerweise möchte er langfristig einen gemütlichen Rückzugsort sein zu Hause nennen, von dem aus er einen Blick auf das Meer hat. Dort kann er dann traditionell jeden Nachmittag seinen Earl Grey Tee mit Milch und Honig und ein Stück Schokolade genießen …
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